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Einen eigenen Camper zu besitzen ist schon seit langem ein Traum von mir. Anhalten, wo es schön ist, und Europa auf eigene Faust entdecken. Der Traum wurde aber nie wirklich konkret, doch dann ging alles ganz schnell.

Spare, spare, Häusle baue - wirklich so wichtig?

Die Idee kam mir in den Weihnachtsferien 2024/2025. Gemäß dem schwäbischen Motto “Spare, spare, Häusle baue” sparen wir eigentlich auf ein Eigenheim. Doch noch sind die Immobilienpreise für uns nur mit einem hohen Darlehen zu bewältigen. Es scheint uns wenig attraktiv, solch einen Klotz mit hohen monatlichen Abschlagszahlungen für die nächsten 20-30 Jahre ans Bein zu binden und wenig finanziellen Handlungsspielraum zu haben. Der Klotz ist im Moment einfach noch zu groß. Zum Glück gibt es keinen richtigen Druck: wir fühlen uns in unserer Mietwohnung wohl. Der Maisonette-Stil und die tolle Aussicht auf die Berge gefällt uns sehr.

Also warum nicht jetzt schon einen kleineren Wunsch verwirklichen, statt ewig auf den großen zu warten, wo die Erfüllung des großen Wunsches vielleicht noch sehr lange dauert oder sich irgendwann die Bedürfnisse ändern (Kinder werden groß und ziehen aus)? Warum also nicht einfach jetzt schon einen Camper kaufen und nicht, wie zum Beispiel meine Eltern, bis zur Rente warten?

Sofort hat mich der Gedanke gepackt und auch meine Familie war schnell überzeugt. Wir haben schon etwas Camper-Erfahrung: in 2018 sind wir für ca. 4 Wochen mit dem Wohnmobil (Hymer Exsis I) durch die Schweiz und Südfrankreich gereist. Ein wunderbarer Urlaub, an den wir alle gern zurückdenken.

Anforderungen

Nach ausgiebiger Online-Recherche im Januar/Februar und dem Besuch der CMT 2025 in Stuttgart, war klar, dass es ein junger gebrauchter Kastenwagen-Camper werden soll, möglichst mit Restgarantie und den folgenden Mindest-Anforderungen:

  • Gebraucht mit Restgarantie bis 20k Kilometer
  • Preisobergrenze 60k €
  • Fiat/Peugeut/Citroen Nutzfahrzeug
  • Länge: 600cm
  • Sitz- und Schlafplätze für 4 Personen
  • Schlafmöglichkeiten hinten für zwei Personen hinten (kein Stockbett)
  • Aufstelldach mit Schlafmöglichkeit für zwei Personen
  • Sanitäre Anlagen in einem abgetrennten Raum (d.h. keine Raumlösung bzw. Lösung im Gang)
  • Rückfahrkamera
  • Navi/Autoradio mit Apple/Android Carplay-Unterstützung
  • Markise
  • Fahrradträger und/oder AHK

Kauf

Solch junge Camper sind meist nicht von privat zu bekommen, sondern werden von Vermiet-Unternhehmen nach einer Mietsaison zum Verkauf angeboten. Vermutlich, weil dies betriebswirtschaftlich sinnvoll und steuerliche Vorteile bietet. Mitte Februar bin ich dann fündig geworden. Es ging ganz schnell: Es war am frühen morgen, ich hatte gerade meinen Sohn zur Schule gebracht und wollte meinen freien Tag in der Sauna genießen, als ich morgens auf Kleinanzeigen auf eine interessante Anzeige des Pössl Centers Bremen gestoßen bin. Ein Camper mit unseren Anforderungen zu einem sehr guten Preis.

Jetzt war schnelles handeln angesagt. Nach mehreren Telefonaten und Mails mit dem Händler, der einen vertrauenswürdigen Eindruck machte, wurde noch am gleichen Tag der Kaufvertrag unterschrieben mit der darin enthaltenen Vereinbarung, dass nach der Besichtigung ein Rücktrittsrecht besteht und die Anzahlung erst danach erfolgen kann. Eine kostenfreie Rechts-Beratung durch meine Rechtsschutzversicherung habe ich letztendlich gar nicht mehr in Anspruch genommen, da ich alle offenen Fragen zum Kaufvertrag mit ChatGPT bzw. dem Internet klären konnte. Ein kurzer Finanzcheck hat auch keine Auffälligkeiten gezeigt, die darauf hingedeutet hätten, dass der Händler zu dem Zeitpunkt finanziellen Schwierigkeiten war.

Besichtigung

Während der Faschingsferien im März, die wir in Göttingen verbrachten, haben wir einen Tagestrip nach Bremen unternommen, um den Camper zu besichtigen.

Beim Kauf junger, gebrauchter Camper über einen Händler ist es üblich, dass das Fahrzeug vor der Übergabe nochmals in der Werkstatt durchgecheckt und eventuelle Mängel behoben werden. Zusätzlich hat der Käufer bei der Vorab-Besichtigung die Möglichkeit, selbst nach Mängeln zu suchen, die dann im Kaufvertrag festgehalten und in der Werkstattdurchsicht behoben werden.

Da ich aus Erfahrungsberichten wusste, dass solche Werkstattdurchsichten nicht immer lückenlos ausfallen, wollte ich auf Nummer sicher gehen und habe über den Caravaning-Gutachter Fachverband e.V. einen Wohnmobil-Sachverständigen aus dem Raum Bremen kontaktiert. Letztlich habe ich jedoch auf das kostenpflichtige Gutachten verzichtet und zwar auf Anraten des Experten selbst. Der Camper sei noch sehr jung, stehe gut da und habe noch Restgarantie.

Stattdessen habe ich dann noch in mehreren Camper-Foren um Unterstützung aus der Community gefragt und tatsächlich wurden wir dann bei der Besichtigung von einem hilfsbereiten Bremer begleitet, der uns mit viel Sachverstand zur Seite stand.

Zu unserer Erleichterung gab es keine großen Überraschungen und wir konnten nur kleinere Mängel wie zum Beispiel die nicht plan aufliegende Herdplatten-Abdeckung feststellen. Die im Kaufvertrag gelisteten Voll-LED-Scheinwerfer haben sich bei der näheren Betrachtung als Standard-Scheinwerfer mit LED-Tagfahrlicht herausgestellt. Voll-LED wäre natürlich toll gewesen, aber mit der Minderung des Kaufpreises um den entsprechenden Posten waren wir auch einverstanden.

Abholung & Überführung

Wenige Wochen nach der Besichtigung war es so weit: Am 1. April um 9 Uhr stand der Termin für die Abholung an. Ich war am Abend zuvor mit dem Zug angereist und die Nacht im HafenTraum Indoor Hostel Camp verbracht. Dabei handelt es sich um eine eher ungewöhnliche, aber preiswerte Unterkunft, bei der man in alten Wohnwagen übernachtet, die in einer Halle stehen. Nicht unbedingt luxuriös, aber für eine Nacht vollkommen okay und schon auf halbem Wege vom Hauptbahnhof zum Händler.

Die Kaufkosten hatte ich bereits in zwei Raten überwiesen, die zweite Rate erst wenige Tage vor der Abholung. 1.000 € hatte ich in bar dabei, um im Falle kleinerer Mängel noch etwas Verhandlungsspielraum zu haben. Die Papiere wurden mir nach Überweisung der ersten Rate zuschickt, so konnte ich zu Hause bequem die Nummernschilder ordern und das Fahrzeug anmelden und versichern.

Da die fehlende Gummimanschette für den Durchstieg zum Aufstelldach vom Hersteller nicht rechtzeitig geliefert worden war, hatte ich im Vorfeld mit dem Händler per Mail vereinbart, 200 € zurückzuhalten, bis die Manschette nachgeliefert wird.

Die Übergabe selbst war angenehm und professionell. Ich bekam eine gründliche Einweisung in die wichtigsten Funktionen des Fahrzeugs. Nach etwa zwei bis drei Stunden war alles erledigt und dann war ich tatsächlich allein unterwegs im eigenen Camper.

Die Rückfahrt nach Oberbayern verlief erfreulich reibungslos. Der Wagen fuhr sich gut, die Technik funktionierte, und ich hatte das erste Mal das Gefühl, dass dieser Traum jetzt wirklich Realität geworden ist. Als ich spät abends in der heimischen Einfahrt ankam, war ich zwar müde aber sehr glücklich.

Gallerie

Unser Camper als halbwegs getreue Lego-Version. Es können bis zu vier Personen mitfahren und übernachten. Zwei Personen können im Aufstelldach auf einer 140cm breiten Maratze schlafen. Ein Blick ins Aufstelldach, welches über eine Luke mit Leiter zugänglich ist. Es gibt ein abgetrenntes Bad mit Dusche, Waschbecken und WC sowie eine Küchenzeile mit Kühlschrank, Kochmöglichkeit und Spülbecken. Im hinteren Teil gibt es ein großes Querbett (oben) sowie einen Kofferraum (unten). Blick von oben in den Camper, die Fahrer- und Beifahrersitze lassen sich zum Tisch hin drehen.

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